Ein großer Richtplatz befand sich auf heute Neustädter Seite nahe dem Alaunplatz auf dem Sande. Hier wurde, wie in alten Chroniken nachzulesen, gleichsam geköpft, gerädert und verbrannt, wobei zwei Schinderknechte selbst wegen Raubes bzw. Straßenraubes am 07. März 1700 sowie am 17. September 1714 diesen letzten Weg zu gehen hatten.
Spekulativ sind die Anfänge des Altendresdner Richtplatzes. Ob
dieser bereits vor Nennung des rechtselbisch gelegenen Dresdens ("Antiqua Dressdin") anno 1350 bestanden hat ist fraglich, jedoch ist davon auszugehen, dass mit der Verleihung des Stadtrechts durch Wilhelm I. Herzog von Sachsen (21.12.1403) ein solcher in Holz bestanden haben wird. Erst die Einheit mit Neuendresden (der heutigen Altstadt) seit
1549 durch Kurfürst Moritz von Sachsen gibt Hinweise auf einen solchen. Der Weichbildausbau bzw. die Neusetzung der Rainsteine 1550 lässt die Grenzen
Altendresdens erkennen, wo es heißt:
Der erste steynn zcwuschenn Peschen unnd Stadorff an der Meyßnischenn strassen, die andernn ann der Reichenbacher strassen, am Bischoffswege, ann der Reynischen strassenn, ann der
Langebruckenn strassen, hinderm gerichte, an der Weisßig strassen, durch Michell Borschbergs weynberg hindurch adder were denn volgend beßitzen wurde, bis ann die Elbe, do die letztenn
steynne gesetzt.
Ob Altendresden einen eigenen Abdecker oder Scharfrichter angestellt hatte ist gleichfalls fraglich, obwohl in den Altendresdner Stadtrechnungen zu lesen
ist:
1469: Item dedi dem nawen boten 2 gr. zcu
vortrinken ...
1531: 1/2 fl. vom
schosser vor die littern und hocken, die der scharffrichter genommen, do er Clyhenßgen gebranth.
Angedacht
auf dem Sande war gar eine Erweiterung der Richtstätte auf 22 Säulen und Scheiterhaufen, da man sich der Plünderungen und Brandschatzungen
durch die Schweden im 30jährigen Krieg zu erwehren suchte. Erst auf Bitten des schwedischen Generals Pfuehl lenkte Kurfürst Johann Georg I. ein.
Zur Geschichte des Altendresdner Richtplatzes erfahren wir
weiter:
Unter Kurfürst August (1694-1733) wurde derselbe steinern und in seiner Art sehr kostbar und anständig auf folgende Veranlassung erbaut. Es hatte nämlich im J. 1562 Caspar Ehrlich aus der Erbschaft eines Rüstmeisters 1371 fl. 5 gr. veruntreut und nach damaligem strengen Rechte somit sein Leben verwirkt. Es wurde daher ein
neuer steinerner Galgen gebaut, auf welchen von außen eine Treppe führte. Herzog Friedrich von Pommern verwendete sich indessen für den Delinquenten und der milde Kurfürst schenkte ihm am 15.
Juny das Leben unter der Bedingung, daß er die sächsischen Lande auf ewige Zeiten verlassen, die entwendete Summe ersetzen und die Kosten für den neuerbauten Galgen erstatten solle. Ferner mußte
Ehrlich sein Wappen in Stein hauen lassen und dieß wurde mit seinem Namen bezeichnet, in die Galgenmauer befestigt. Dieses Hochgericht stand bis zum Jahre 1732, und ward dadurch merkwürdig, daß
der berüchtigte Lips Tullian hier nebst vier Spießgesellen am 8. März 1715 enthauptet wurde.
Eine Besonderheit dieser Richtstätte war wohl, dass zu Ende des 17. Jahrhunderts ... an
dieser alten Galgen-Mauer auf denen 3 steinernen Säulen drey höltzerne Balcken, und auf denen höltzernen Balcken drey steinerne Stäbe, also drey Galgen übereinander stehen sehen, deren der
unterste des Stadt-Magistrats Delinquenten, der mittelste denen Amts-Inquisiten, und der obersten denen Hof-Dieben gewidmet gewesen, wie denn nur zu Ende des 1699ten Jahres annoch am obersten
eisernen Galgen über 36 Ellen hoch eine Person, die, wegen gestohlner silberner Teller zu Hofe, aufgeknüpffet worden,gehangen, und anstatt der silbernen mit blechernen Tellern also gezieret gewesen, daß man sie weit sehen können.
Im J. 1732 beabsichtigte der prachtliebende König und Kurfürst eine Erweiterung der Neustädter Festungswerke und den Bau der Casernen, und deßhalb mußte das Hochgericht weiter nach der Heide zu verlegt werden. Den 25. April ward der alte Galgen eingerissen und der Grundstein zum neuen gelegt, dabei aber folgende Feierlichkeit beobachtet.
Die Handwerker, denen oblag, bei solchem Gerichtsbau Hand anzulegen, versammelten sich in der Altstadt, um nach dem Gerichtsplatz zu ziehen. Den Zug eröffneten einige Rathswächter, denen die gesammten
Steinmetzmeister mit 72 Gesellen paarweise folgten. Zwölf Maurermeister führten 719 Maurergesellen, zwölf Zimmermeister 570 Zimmerleute. Die Schmiedemeister mit 47 Gesellen und 36 Tischlermeister
mit 116 Gesellen, von 2 Waldhornisten begleitet, so wie 79 Schlossergesellen mit ihren Meistern schlossen den ansehnlichen Zug. Der Gouverneur, Feldmarschall Graf Wackerbarth, der
General-Auditeur, Oberamtmann Dr. Vockel, der regierende Bürgermeister Vogel, die Stadtgerichte und die Actuarien waren vorausgefahren.
Die Feierlichkeit am Gerichtsplatze selbst eröffnete Dr. Vockel mit einer Rede, der er das Sprichwort: "Wer Ruhe haben will, lasse sich unterm Galgen begraben," zum Grunde gelegt wurde. Er that
dann zwei Hiebe in das Holz und den Stein des alten Galgens, und nach ihm that jedes Handwerk ebenfalls drei Hiebe. Hierauf zog man weiter hinaus zu dem Orte, der dem neuen Hochgerichte bestimmt
war. Auch hier geschahen von den Genannten Schläge in bereit liegende Höltzer und Steine. Um 1 Uhr Mittags war die Feierlichkeit beendigt, welche um 9 Uhr Morgens begonnen hatte.
(Quelle: "Der Sammler für Geschichte und Alterthum, Kunst und Natur im Elbthale, Hilscher)
Schon Iccander beschreibt
1719 diesen Gerichtsplatz im Rahmen seiner Beobachtungen wie folgt:
... Bey dieser Fortification findet man vier Thore oder Ausgänge, als zwey gegen Mittag und gegen die Elbe, eines gegen den Abend zu so man das weisse oder Meißnische, und eines gegen den
Morgen, welches man das Laußitzer oder schwartze Thor nennet, und vor dem Gerichts-Platz mit Galgen, Rädern, Brand- und anderen Säulen gespicket, zu sehen... Man hat annoriret, daß von 1.
Jan. 1709 bis den 2. Aug. 1719 41 gehenckt, 27 geköpffet und auffs Rad gelegt, 10 decolliret und begraben, einer lebendig gerädert, 4 gesäckt, 2 harquebusiret oder erschossen, und einer lebendig
verbrandt worden, ohne was etwa in Gefängnissen gestorben, und untern Galgen seine Grabe-Städte gefunden.
So wie Hinrichtungen selbst unehrlich oder ehrlich waren, gab es am Beispiel des Todes am Galgen (welcher insgemein schon als unehrlich galt) Unterschiede im Bau eines solchen. So fand der Diebs-Galgen bei Dieben und unter besonderen Umständen bei Mördern Anwendung, der Schwenk-Galgen dagegen war meistenteils für schwere militärische Vergehen (z.B. Deserteuren) vorgesehen. Während die am Diebsgalgen Justifizierten bis "zum Abfall" hangen, wurde der nach dem Kriegsrecht zum Tode Verurteilte schon am Abend wieder abgenommen und im Fall Dresden auf dem Lazareth-Kirchhof daselbst beigesetzt.